Leserstimmen

Leserstimme zu

"Und wenn die Wahrheit tödlich ist?"

 
Der Altphilologe Marcel Roman schreibt:
 Du hast mir bei dem Mitarbeitertreffen deinen historischen Roman "Und wenn die Wahrheit tödlich ist?" freundlicherweise geschenkt. Diesen habe ich in der Zwischenzeit gelesen, ja vielmehr verschlungen! Vielen Dank für diesen historisch sehr gut recherchierten, intelligenten und zugleich packenden Roman! Die Psyche und das Porträt der Hauptfiguren haben mich von der ersten bis zur letzten Seite überzeugt. Als Altphilologe und Liebhaber antiker Literatur hat mir am meisten die Entwicklung deiner Hauptfigur gefallen, die sich von anfänglicher Unsicherheit und Frustration löst und zu einem unbändigen Selbst- und schließlich sogar Sendungsbewusstsein findet, nur um dann am Felsen der nackten Wahrheit und Selbsterkenntnis zu zerschellen und in einer Welt aufzuwachen, in der die eigene Existenz eigentlich unmöglich ist, wenn man die eigenen (wenn auch völlig verblendeten) Grundsätze, die eigene Lebensphilosophie Ernst nehmen möchte. Ich musste beim Lesen unweigerlich an die antike Tragödie denken, wie sie Aristoteles in seiner Poetik idealtypisch beschreibt. Ich weiß nicht, ob du es so bewusst geplant hast, aber dein Roman enthält eine perfekte Peripetie, einen Umschwung vom Glück ins Unglück, wie aus dem Bilderbuch! Auch eine Anagnorisis (zumindest wie Aristoteles sie meint), also eine Erkenntnis einer Sache, die die Peripetie bewirkt, das Erkennen der eigenen Abstammung, passt perfekt in die Geschichte. Wie Ödipus, der seinen eigenen Vater erschlug, erkennt deine Hauptfigur - nur eigentlich in noch existenziellerer Weise - die Unmöglichkeit des eigenen (Weiter-)Lebens.
Dieses völlige Paradoxon hat mich beim Lesen auch getroffen: Wie soll ein felsenfest überzeugter Nationalsozialist weiterleben, wenn er selbst Jude ist? Soll er sich selbst hassen? Sollte er sich das Leben nehmen? Tut er "der Bewegung" etwas Gutes, wenn er sich das Leben nimmt? Handelt er dann wie ein echter Nazi, aber kann er denn überhaupt wie einer handeln? Spannende Fragen ...
Froh war ich aber auch, dass deine Hauptfigur(en) einen besseren Ausweg gefunden haben, als dies oft in der antiken Tragödie der Fall ist. Gefallen hat mir auch dieses unaufdringliche, subtile Verweisen auf den christlichen Glauben, das sicherlich keinem Leser entgehen wird.
Ein lesenswertes Buch! Danke dafür.